Kürzlich erreichte uns der Vorwurf, unsere Gebühren- und Versandkostenstruktur sei „nicht zeitgemäß“. Wir können das sehr gut nachvollziehen. Denn es ist tatsächlich so, dass die meisten Menschen mittlerweile gewöhnt sind an die Gebührenstrukturen marktbeherrschender Konzerne.
Sind wir, der Reimkultur Musikverlag, jetzt also altmodisch, unzeitgemäß und haben wir den Anschluss verpasst, weil wir nicht nur die Kosten weiterberechnen, sondern auch noch offen legen, dass wir das tun? Im Gegenteil! Wir wollen Euch gerne erklären, warum wir es so machen, wie wir es machen.
Fakt ist, dass Versand eine Dienstleistung ist, die Geld kostet. Es ist ein Vorgang, bei dem Menschen und Maschinen für uns arbeiten. Wir als Vertrieb von CDs, DVDs, Büchern, Notenbüchern etc. berechnen de facto bei uns anfallende Gebühren und Versandkosten weiter. Das tun wir, ohne uns daran zu bereichern.
Diese tatsächlichen Kosten fallen natürlich auch bei den großen Versandhändlern an. Aber die tragen diese Kosten nicht selbst. Stattdessen verteilen sie sie in einer Mischkalkulation auf:
- die Kunstschaffenden, die zu miserablen Konditionen an den Händler verkaufen müssen (Amazon fordert z.B. von kleineren Verlagen und Labels rund 50% von jedem Buch und 45% von jeder CD),
- die Kunden, die stattdessen (häufig ohne es zu merken) höhere Preise für das eigentliche Produkt bezahlen
- ihre Mitarbeiter und die der Logistikunternehmen, die für immer weniger Geld immer mehr und unter äußerst fragwürdigen Bedingungen arbeiten müssen.
Diese Missstände hat beispielsweise Günter Wallraff bei einer Undercover-Recherche als Paketbote selbst erlebt und bei Spiegel online öffentlich gemacht.
Letztendlich bedeutet "zeitgemäß" also in diesem Zusammenhang "nicht nachhaltig und nicht transparent". Wir wollen beides sein und wir hoffen, dass sich langfristig ein Bewusstsein für den Wert von Kunst und Arbeit gegen die monopolfördernde Gratismentalität durchsetzt.
Der Online-Handel boomt, jeder kann jederzeit jedes gewünschte Produkt bestellen und binnen 24 Stunden liefern lassen. Wie praktisch, unsere schöne neue Welt. Jedenfalls auf dieser Seite vom Computer. Denn der Blick hinter die Kulissen zeigt ein anderes Bild. Die Mitarbeiter der großen Online-Vesandhandel sind einem extremen Druck ausgeliefert, um den Kunden allen Komfort zu bieten.
Immer wieder gibt es aufrüttelnde Berichte über Online-Riesen, die ihre Mitarbeiter wie Maschinen behandeln, himmelschreiende soziale Arbeitsbedingungen bieten, eine saisonale „Hire & Fire“ Politik betreiben und die geltenden Arbeitsgesetze bis zuletzt für sich ausnutzen.
Bei Amazon zum Beispiel ist es Gang und Gebe, zu den Stoßzeiten – etwa vor Weihnachten – Saisonarbeiter einzustellen. Oft handelt es sich um Niedrig-Lohn-Leiharbeiter aus dem Ausland, die in Wohn-Camps untergebracht werden, wo sie überwacht werden wie Häftlinge. Nach der Saison werden sie dann wieder entlassen oder waren von Anfang an nur befristet angestellt. Gleichzeitig schafft es das Unternehmen mit diesen Methoden, so viel Gewinn zu machen, dass es in den USA mittlerweile fast den ganzen Buchmarkt beherrscht und mutwillig die Preise nach oben treiben kann.
Wann immer ein solcher Missstand öffentlich wird, geht ein großes Raunen durch die Gesellschaft. In sozialen Netzwerken wird viel diskutiert, Petitionen und empörte Leserbriefe werden verfasst und abschickt. Kurze Zeit später legt sich der Medienrummel oder ein anderes Thema steht im Mittelpunkt und alle setzen sich zurück an ihre Rechner, um ihre Waren da zu bestellen, wo es so schön billig und einfach ist. Naja, nicht alle, aber doch viele. Viel zu viele, leider.
Nun mögt Ihr Euch fragen, warum Ihr unsere Produkte überhaupt bei Amazon bestellen könnt, wenn dieses Unternehmen doch so sehr gegen unsere Prinzipien ist. Die Antwort lautet, es ist fast unmöglich, seine Produkte nicht bei Amazon zu verkaufen. Denn Amazon kann die Produkte auf dem gleichen Weg bestellen wie der Einzelhandel. Die einzige Möglichkeit, dass unsere Produkte nicht bei Amazon erhältlich wären, wäre ein kompletter Verzicht auf den Handelsverkauf. Den wollen wir uns wiederum nicht diktieren lassen.
Was wir aber machen können, ist an Euch – die Käufer – zu appellieren: Kauft anderswo!
Der Einkauf bei alternativen Online-Anbietern ist ebenso komfortabel und unkompliziert.
Und in den meisten Fällen landet das Geld, das man bezahlt, auch an der richtigen Stelle: Beim Produzenten des Produktes und nicht beim Zwischenhändler, der sich eine unverhältnismäßig dicke Scheibe vom Gewinn abschneidet. Für uns stellt sich das so dar: Bei einer über Amazon verkauften CD kommt nur rund ein Drittel des Preises, den Ihr bezahlt, bei uns an. Bei einer über www.bodowartke.de/shop verkauften CD bleibt – nach den Abzügen für den Betrieb unseres Versands – das Geld bei uns. Wir finanzieren davon einen kompletten Musikverlag mit fest angestellten Mitarbeitern. Und stecken Euer Geld in neue Programme ebenso wie in neue und nachhaltige Produkte. Gerade in unserem Geschäft, der Musikbranche, ist anzunehmen, dass wer sich eine CD, eine DVD oder ein T-Shirt von einem Künstler oder einer Band kauft, doch genau deren Kunst unterstützen und fördern will.
Für andere Branchen gilt das gleiche Prinzip: wer bei einem kleinen Online-Kleiderladen fair gehandelte Kleidung aus Bio-Rohstoffen bestellt, kann ziemlich sicher sein, dass auch dort die Angestellten besser behandelt und bezahlt werden als bei Amazon.
Jeder kann es zu seiner bewussten Entscheidung machen, wo er im Netz einkauft und wo sein Geld landet. Wir sollten also überlegen, was wir uns leisten können und wollen. Billig geht immer, aber trotzdem haben alle Dinge ihren Preis. Und wenn wir ihn nicht bezahlen, dann irgendjemand sonst. Entweder die Arbeiter oder die Umwelt.
Wer noch mehr lesen will, findet spannende Artikel in Le Monde Diplomatique, Die Zeit und Cicero. Auch das Ttitelthema des aktuellen Stern (Nr. 51, 12.12.2013) beschäftigt sich mit den Arbeitsbedingungen bei amazon.
Wir erhöhen für einige unsere Produkte die Preise. Ja, Ihr habt richtig gelesen: Erhöhen; nicht senken! Dafür haben wir verschiedene Gründe, die wir Euch gerne erläutern möchten. Zwei Faktoren sind für uns maßgeblich: zum einen die nachhaltige und umweltschonende Produktion unserer CDs, DVDs und Bücher zum anderen ein sozial verträgliches Arbeitsumfeld für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Wie Ihr wisst, haben wir es uns seit August 2010 zur Aufgabe gemacht, alle unsere Arbeitsprozesse auf ökologische Nachhaltigkeit und Umweltvertäglichkeit hin zu durchleuchten. Seitdem tragen viele unserer Produkte das BodÖKOsiegel.
In diesem Zuge rüsten wir nun unsere Produkte um: Anstelle von Plastik verwenden wir für unsere CDs und DVDs Papphüllen aus Papier, das FSC® zertifiziert oder mit dem Blauen Engel ausgezeichnet ist. Beide Organisationen garantieren einen schonenenden und nachhaltigen Umgang mit der Natur. Für diese Umstellung müssen wir die Verpackungen komplett neu konzipieren. Das kostet uns deutlich mehr Zeit für die Produktion und damit auch höhere Herstellungskosten. Denn unsere Art zu Denken ist in der Musikbranche nicht Standard und es passiert uns oft, dass wir die ersten sind, die nachhaltige Verpackungen und Produktionsweisen bei den Druckereien oder Presswerken anfragen. Dazu kommt, dass die Rohstoffpreise z.B. für Papier derzeit stetig steigen und auch dadurch höhere Kosten für uns anfallen.
Gleichzeitig – und das merkt jeder von uns im täglichen Leben – steigen auch die Lebenshaltungskosten. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern arbeiten nicht zu Dumpinglöhnen, sondern bekommen ein angemessenes und sozial verträgliches Gehalt.
Wir folgen nicht dem Trend, alles günstiger und schneller zu machen. Ihr kennt unsere Einstellung aus Bodos Song PCdenzfall:
„Ich hoffe ja, dass irgendwann der Wind wieder dreht
und die Leute nicht mehr Geiz geil finden, sondern Qualität.“
Wir wollen nichts verkaufen, das kurze Zeit später im Müll landet, weil es kaputt ist. Und auch wenn es klingt wie ein Kalenderspruch: Qualität hat ihren Preis! Das ist so und das bleibt so. Und letztendlich lohnt sie sich, denn wenn alles immer billiger wird, zahlen wir am Ende alle drauf.
Mehr zu unserem Engagement findet Ihr auf der Seite bodökosiegel.de
Die GEMA sorgt wiedermal für Schlagzeilen. Und zwar für schlechte. Wir sind GEMA-Mitglieder. Und dieser Tage sind wir beschämt, dass wir uns von dieser Gesellschaft vertreten lassen.
Was ist passiert?
Die Welt Online titelt: "Kitas sollen fürs Singen Gema-Gebühren zahlen". Das ist irreführend, denn wie die Zeitung dann selbst im Artikel erwähnt, werden Gebühren gefordert für das Kopieren der Noten und das öffentliche Vorsingen der Lieder. Wer in der Gruppe im Morgenkreis singt, bleibt immerhin verschont.
Kopiert werden Noten in KiTas zumeist nur für die Eltern. Und zwar zu genau vier Gelegenheiten im Jahr: Ostern, Weihnachten, St. Martin und dem obligatorischen Tag der offenen Tür.
Die meisten der bei öffentlichen Vorführungen gesungenen Lieder wiederum sind GEMA-frei, da es sich meist um Volkslieder handelt, deren Texter und Komponisten schon länger als 70 Jahre tot sind, womit das Urheberrecht erloschen ist.
Das Problem jedoch ist wie bei anderen öffentlichen Veranstaltungen auch: sobald auch nur ein einziges Lied gesungen wird, das im GEMA-Katalog gelistet ist, ist die gesamte Veranstaltung gebührenpflichtig, und zwar in einer Höhe, die dem Anteil des GEMA-Materials an der Gesamtveranstaltung überhaupt nicht angemessen ist.
Doch das sind alles Feinheiten. Warum sind wir beschämt?
Weil die GEMA hier exemplarisch für einen Großteil der wohlhabenden Entscheidungsträger in diesem Land einen entscheidenden Fehler macht, der uns tief erschüttert und bangen lässt.
Singenlernen kann man gemeinhin dem Beschäftigungsfeld der Bildung zuordnen, wie überhaupt der Besuch von KiTas der Bildung der Kinder dienen kann. Die Bildung ihrer Kinder kann einer Gesellschaft gar nicht wichtig genug sein, sie ist die existenzielle Grundlage. Und dabei ist diese Formulierung eigentlich schon nicht ganz korrekt, sie schließt die Kinder auf bemerkenswerte Weise aus der Gesellschaft aus. Sie sind aber ein Teil dieser! Richtig müßte es also heiße: Ihre eigene Bildung ist das wichtigste Ziel der Gesellschaft!
Denn nur durch Bildung ist ein allgemeiner Wohlstand und damit eine nachhaltig gesunde und gerechte Gesellschaft zu erreichen. Jedes Reden über Entwicklungshilfe beginnt mit diesem Satz. Warum sollte das auf eine entwickelte Gesellschaft nicht auch zutreffen, hier gilt es immerhin etwas zu erhalten, was erreicht wurde?
Und in dem Kanon derer, die das übersehen, tönt die GEMA nicht allein. Lehrer dürfen mittlerweile kein Bildmaterial mehr für ihre Schüler kopieren: Urheberrechtsschutz. Sie werden obendrein nicht ausreichend auf ihren Beruf vorbereitet, es gibt immer noch und wieder zuwenige - angeblich ist kein Geld dafür da. Die Erziehung im Kindergarten wird Erziehungsassistenten mit geringem eigenen Bildungsniveau überlassen. Mehr und mehr wird die Bildung in Schulen und die Ausbildung für Berufe privaten Trägern und privaten Bildungsunternehmen mit Gewinnabsichten überlassen. Eine Gesellschaft, die so allumfassend die Wertschöpfung für den Einzelnen und das persönliche Vorankommen von Anteilseignern und Unternehmensinhabern über die Bildung seiner Nachkommen stellt, hat ein Problem.
Etwa in Form tausender unbesetzter Ausbildungsstellen, weil die Jugendlichen nicht qualifiziert genug sind. Oder zunehmende Jugendgewalt, deren Ursache auch in der Perspektivlosigkeit der jungen Menschen für ihren Lebensweg zu finden ist. Oder oder oder. Die Liste ist - leider - lang.
Fragen Sie mal irgendeinen unter den Politikern oder Entscheidungsträgern bei der GEMA: wenn es um deren eigene Kinder geht, dann ist ihnen die Bildung gar nicht kostbar genug. Da werden die besten Schulen ausgesucht, Kinder auf Internate geschickt, ins Ausland, in Musikunterricht und wohin nicht sonst noch (ob das alles in dieser Masse gut für die Kinder ist, sei dahingestellt). Förderung gilt als Muss, fast ersticken die Kinder in ihr.
Doch wenn diese Menschen dann zur Arbeit gehen, ist das alles wie weggeblasen. Plötzlich macht sich Amnesie breit, eine Transferleistung auf die übrigen Menschen in der Umgebung oder gar eine Extrapolation auf ein größeres Ganzes wie die Gesellschaft scheint nicht möglich. Auf einmal steht das Wohl des Einzelnen
(GEMA-Mitglieds) an oberster Stelle, wenn man sämtlichen Eltern der Republik und den Erziehern so eine unsinnige Forderung wie die nach den oben genannten Gebühren auferlegt. Es wird obendrein ein unfassbarer Verwaltungs- und Kostenaufwand erzeugt - schließlich müssen tausende Meldebögen ausgewertet werden, Gebühren eingezogen, bestätigt und verbucht werden und eine Heerschar von Schergen muss die "schwarzen Schafe" suchen gehen.
Anstatt einfach die Eltern und die Kinder singen zu lassen. Wir fragen uns: ist denen, die solche Entscheidungen treffen, eigentlich klar, wie es in manchem Haushalt zugeht? Wie schwierig es ist, darin Singen als Teil des täglichen Lebens zu etablieren? Die meisten Eltern kennen weder die "guten alten" Kinderlieder, noch die neuen, modernen. Ihre Schützlinge bringen diese Lieder mit nach Hause, aber wenn dort nicht weiterhin gesungen wird, dann verschwinden diese Schätze ganz allmählich wieder in der Versenkung. Und wenn es keine Kultur des Singens gibt, wer schreibt denn dann die neue Musik, die die GEMA auswerten kann?
Ist Kurzsichtigkeit jetzt die neue Volkskrankheit unter denEntscheidungsträgern? Oder dürfen wir es wagen und vermuten, dass die oberen 1.000 der GEMA sich ohnehin sicher sein können, dass ihre eigenen Kinder genug musikalische Förderung erhalten, um die Pfründe zu sichern? Nein, das wäre eine Unterstellung.
Wie wäre es statt dessen mal mit einem Lobgesang auf die Kindergarten-Erzieherinnen, die sich die Mühe machen, Lieder rauszusuchen und mit den Kindern zu singen? Wir wünschen uns Respekt und Anerkennung, auch im Unterlassen solch absurder Forderungen! Bitte!
Die GEMA sollte mal ihre eigenen Mitglieder befragen: besteht ein Frederik Vahle oder ein Rolf Zuckowski eigentlich darauf, dass Kinder oder deren Eltern, die bei einem Tag der offenen Tür ihre Lieder vorsingen, dafür bezahlen müssen? Ich vermute mal, dass
Kinderlied-Autoren und -Komponisten schlauer sind und genau die Zusammenhänge, die wir eben schilderten, schon lange verstanden haben.
GEMA, Du sprichst nicht mit unserer Stimme! Zolle den Bemühungen um die Bildung der Kinder wenigstens Respekt, wenn Du sie schon nicht förderst.
Bodo Wartke & Sven Schütze